Nitratbelastung: Höchstwerte in Gönnheim um das Sechsfache überschritten!

Nitratbelastung: Höchstwerte in Gönnheim um das Sechsfache überschritten!

Für die Bewohner von Gönnheim war es ein Schock, als die Nitratwerte der beiden Grundwasser-Messstationen ihre kleine Gemeinde in die Schlagzeilen brachten: Dort wurde der gesetzlich vorgeschriebene Grenzwert um mehr als das Sechsfache überschritten. Bisher ist das ein Einzelfall, aber die Entwicklung zeigt, dass wir uns dringend um die steigenden Schadstoffwerte kümmern müssen, wollen wir auch in Zukunft unsere Trinkwasserversorgung gesichert wissen.

Nach einer kleinen Anfrage der Grünen legte die Bundesregierung im August 2019 die Top 15 der am höchsten mit Nitrat belasteten Messstellen vor. Rekordhalter ist die Weinbaugemeinde Gönnheim im Kreis Bad Dürkheim mit 322 Milligramm pro Liter - gesetzlich erlaubt sind lediglich 50 Milligramm. Noch ist das Trinkwasser der Gemeinde nicht unmittelbar betroffen, aber die Entwicklung zeigt, dass dringend Gegenmaßnahmen erforderlich sind - nicht nur in Rheinland-Pfalz.

Wie ist die Entwicklung der Nitratgehalte im Wasser?

Denn auch an den anderen deutschen Messstationen waren die Nitratwerte unerfreulich. Zwischen 2013 und 2017 nahmen sie im Mittel um 40 Milligramm zu. Hauptgrund dafür ist die industrielle Landwirtschaft mit ihren hohen Nitrateinträgen in Form von Gülle und Kunstdünger.

Die EU-Nitratrichtlinie 91/676/EWG schreibt die Überwachung des Nitratgehaltes von Gewässern und Grundwasser vor. Wie jeder Mitgliedsstaat muss der Bund alle vier Jahre einen Nitratbericht vorlegen, anhand dessen sich die Entwicklung der Nitratbelastung verfolgen lässt. Man darf auf den in 2020 fällig werdenden neuen Rapport gespannt sein.

Nach Angaben des Umweltbundesamtes weisen etwa 18 Prozent der deutschen Grundwasser-Messstellen Nitratgehalte über 50 mg/l auf. Noch höher ist der Wert in der Umgebung intensiv landwirtschaftlich genutzter Flächen: Hier überschreiten rund 28 Prozent den Höchstwert. Gönnheim ist also "nur" Spitzenreiter, aber keineswegs ein Sonderfall.

Welche Grenzwerte für Nitrat im Grundwasser gibt es?

In Europa gilt der in der EU-Grundwasserrichtlinie 2006/118/EG (GWR) vorgeschriebene Grenzwert von 50 Milligramm Nitrat pro Liter Grundwasser. Die deutsche Grundwasserverordnung (GrwV) hat diesen Wert übernommen und damit in nationales Recht umgesetzt.

Beide Verordnungen sehen vor, dass bei einer Überschreitung der Nitrat-Eintrag ins Grundwasser von Gesetzes wegen reduziert werden muss. Die verantwortlichen Stellen sind zu Gegenmaßnahmen verpflichtet, bevor das sprichwörtliche Kind in den Brunnen gefallen ist: Bereits bei Erreichen von drei Vierteln des Schwellenwertes (im Falle von Nitrat 37,5 mg/l) muss etwas unternommen werden.

Die EU-Wasserrahmenrichtlinie sieht in Deutschland Probleme: Von den 1200 Grundwasserkörpern sind 27,1 Prozent wegen Überschreitung des Nitrat-Grenzwertes als "in chemisch schlechtem Zustand" zu bezeichnen. In Brüssel ist man von dieser Entwicklung wenig begeistert - die EU-Kommission hat der Bundesrepublik eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof angedroht, falls sich nichts an den Nitratwerten ändert.

Grenzwerte von Nitrat im Trinkwasser

Der Parameterwert von 50 Milligramm pro Liter gilt sowohl für Grundwasser als auch für Trinkwasser, denn die EU-Trinkwasserrichtlinie und die deutsche Trinkwasserverordnung haben den Wert übernommen.

Von Gesetzes wegen ist eine Überschreitung des Höchstwertes für Nitrat vorübergehend zulässig, wenn er gesundheitlich unbedenklich ist, der Wasserversorger nicht auf unbelastete Wasserquellen zugreifen kann und nur unter der Voraussetzung, dass er ein Sanierungskonzept vorlegt.

Die gute Nachricht: Bisher ist das Trinkwasser nicht betroffen, da nach wie vor auf Wasser mit weniger Nitrat zugegriffen werden kann. So lässt sich notfalls höher belastetes Wasser mit solchem mit niedrigen Nitratwerten mischen, bis der zulässige Grenzwert wieder sichergestellt ist.

Entwarnung beim Gönnheimer Trinkwasser

Der für das Trinkwasser in Gönnheim zuständige Zweckverband für Wasserversorgung "Friedelsheimer Gruppe" weist darauf hin, dass das Leitungswasser aktuell unter einem Milligramm Nitrat pro Liter enthält - weit unterhalb vom vorgeschriebenen Grenzwert. Das liegt nicht zuletzt daran, dass das für die Trinkwasserversorgung genutzte Grundwasser aus einem Waldgebiet in der Nähe von Wachenheim stammt und damit von den in einer intensiv genutzten landwirtschaftlichen Fläche gelegenen Messstellen weit entfernt.

Quellen, Links und weiterführende Literatur

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